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Überleben ist keine Rettung
Von Maja Brandl
Greifswald ist einer der denkbar schlechtesten Orte, um Arbeitsplätze zu
schaffen. Fehlende Infrastrukturen, abgelegene Lage, hohe Abwanderungsraten
und 20 Prozent Arbeitslosigkeit signalisieren den Investoren: „Kommt nicht
in diese Stadt!“
Trotzdem gibt es Menschen, die sich dem Strukturwandel in Greifswald
verschrieben haben. Wolfgang Blank zum Beispiel ist Geschäftsführer des
Greifswalder „Bio Technikum“, einem Biotechnologiezentrum, das jungen
Unternehmen kostengünstig Büros und Laboreinheiten zur Verfügung stellt. Er
hält eisern an dem Wirtschaftsstandort fest.
3000 Menschen ohne Job
Anfang der neunziger Jahre mussten sich die Einwohner der Hansestadt Greifswald
etwas einfallen lassen. Mit der Wiedervereinigung stand die Stadt praktisch
vor dem Nichts. Das Kernkraftwerk in Lubmin, das Beschäftigung garantierte,
wurde vom Netz genommen. Innerhalb von drei Jahren verloren fast 3000
Mitarbeitern ihren Job. Und außer ein paar kleinen
Dienstleistungsunternehmen und leichter Industrie gab es keine Möglichkeit
in Greifswald Arbeit zu finden. Da war die Stadtverwaltung gefragt.
„Wir haben einen Vorteil“, sagt Rüdiger Langhans, Leiter der Abteilung
Wirtschaft in Greifswald. „Und das ist unsere Universität.“ Die Greifswalder
Universität hat sich im Biotechnologiebereich profilieren können.
Qualifizierte Abgänger sollen in der Stadt gehalten werden. Dazu entstanden
zwei Technologieparks, die Menschen beim Aufbau eigener Existenzen
unterstützen sollen. |
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Das
Käseglockenmodell – geschützt gedeihen und reifen
Das Prinzip der Parks ist simpel. Kostengünstig können sich neu
gegründete Unternehmen und Forschungsprojekte in den großen Anlagen
einmieten und sich dort ungestört ihrer Arbeit und der Forschung widmen.
„Das ist wie unter einer großen Käseglocke“, sagt Langhans. „Die Firmen
können sich in Ruhe aufbauen, sich positionieren und dann auf eigenen Beinen
stehen“.
Firmen müssen unterstützt werden
Biometec ist eine der Firmen, die schon seit 1992 in dem Büro- und
Laborgebäude des Biologiezentrums am Rande der Stadt existiert. Sabine Witt
ist Geschäftsführerin des biomedizinischen Unternehmens und gleichzeitig die Gründerin. Doch der Vision der
Wirtschaftsplaner, einmal auf eigenen Beinen zu
stehen, wird die Firma nicht gerecht. „Dieses Unternehmen könnte außerhalb
des Technologiezentrums nicht bestehen“, sagt Witt. Sie ist angewiesen auf
die vergünstigten Räume und die vorhandenen biotechnologischen Strukturen.
Marian Heinrich, Mitarbeiter der Firma Bioserv Absorber Technologies,
schätzt den Erfolg der Technologiezentren gering ein. „Es kommt nicht auf
die Unterstützung von Unternehmen an, vielmehr müssen die Idee und das
Konzept der Firma greifen.“ Ein schwieriges Unterfangen. Der Boom ist längst
vorbei und die Firmen müssen um ihre Existenz kämpfen.
Anderer Meinung ist Holger Hippe, Geschäftsführer von ChromaTec. Im Jahre
1999 gründete er zusammen mit einem Kollegen die Firma, die unter anderem
Dienstleistungen im Biotechnologiebereich anbietet. „Alle technischen
Bedingungen waren da.“ Er sagt: „Greifswald hat Zukunft als
Technologiestandort.“ Das Netzwerk, das im Umfeld des Zentrums entstanden
ist und die Anbindung an die Universität seien die eindeutigsten Indizien
für diese Entwicklung.
Jobs für Arbeiter wurden so nicht geschaffen. Die wenigen Arbeitsplätze in den
Technologiezentren – im Bio Technikum sind es 120 – sind hochspezialisierten
Wissenschaftlern vorbehalten. Trotzdem sieht Wirtschaftsleiter Langhans die
Zukunft Greifswald in der Technologie: „Wir müssen ausbauen, was wir
können.“ |