Menü
Startseite
Mit dem Caravan durch vier Jahrzehnte
Kunst? Wo?
Aus der Pyramide soll ein Pool werden
Im Schatten der Kunst
Ein Weg ohne Ziel
Kunst unter Polizeischutz
Aber lass den Brunnen verschwinden
Moderner Minnesänger für Münster
Die Arbeiterbewegung nicht vergessen
Skulpturen machen Theater
Eine besondere Langzeitstudie
Nachwuchsförderung nur während der Öffnungszeiten?
David gegen Goliath?
Kunst fürs Klo
In die Irre geführt?
Kunst neu erfahren
Politische Kunst

Das Team
Impressum
 





EINE BESONDERE
LANGZEITSTUDIE





Interview:
Corinna Sörensen,
Foto: Presseamt Stadt Münster, Angelika Klauser



Christoph Platz ist studentischer Volontär bei „Skulptur Projekte“. Er schildert seine Erfahrungen aus der Projektarbeit mit den Künstlern, gibt Einblicke hinter die Kulissen und beschreibt persönliche Eindrücke.

Herr Platz, was sind ihre Aufgaben als studentischer Volontär bei 
„Skulptur Projekte“?

Christoph Platz: Ich bin hauptsächlich der Projektrealisierung zugeordnet. Das heißt: Ich habe Recherchen für die Künstler betrieben und sie bei der Wahl der Standorte und der technischen Umsetzung ihrer Projekte unterstützt. Mit Jeremy Deller bin ich für sein Projekt „Speak to the Earth an it will tell you“ in Münsters Kleingärten gefahren, um die Menschen dort kennen zulernen. Deller hat dort in Gesprächen mit den Menschen neue Ideen entwickelt. Man begleitet die Künstler also während der Arbeit auch in der Konkretisierung ihrer Projekte. Im Großen und Ganzen habe ich den Künstlern geholfen, ihre Projekte zu realisieren.


Wie haben sie die Aufbau- und Vorbereitungsphase persönlich erlebt?


Ich habe in wahnsinnig viele und unerwartete Bereiche blicken können. So kenne ich mich jetzt nicht nur mit Kunst im öffentlichen Raum, sondern auch mit Polyethylenverbindungen und der Landwirtschaft aus. Durch das Projekt von Mike Kelley habe ich außerdem Einblicke in die Tierwelt erhalten, denn sein Projekt „Petting Zoo“ ist ein Streichelzoo.

Die Arbeit für die
„Skulptur Projekte“ war natürlich anstrengend, gerade in den vier Wochen vor Ausstellungseröffnung. Hier hätte ich eigentlich meinen Schlafsack im Büro ausrollen können, um so die wenige Zeit zu überbrücken, die ich nicht für die „Skulptur Projekte“ tätig war. Die Arbeit hat aber auch unglaublich viel Spaß gemacht. Zu sehen, wie sich Details oder Probleme ergeben, mit denen man nicht gerechnet hat und die dann doch gelöst werden und den Projekten und ihrer Realisierung zu Gute kommen, war toll.

Mit welchen Zielen und Erwartungen sind sie an die
„Skulptur Projekte“ herangegangen?

Ich fand die
„Skulptur Projekte“ insofern spannend, als dass sie nur alle zehn Jahre stattfinden und ich genau zu diesem Zeitpunkt hier Kunstgeschichte studiere. Im Endeffekt habe ich mich während meiner Arbeit mit Dingen auseinandergesetzt, die ich vorher gar nicht erwarten konnte. Denn dieses Projekt, das sich mit der Kunst im öffentlichen Raum beschäftigt, ist sehr ausgefallen und hat seine Eigenheiten.

Welche Rolle hat die Stadt Münster aus ihrer Sicht in der Vorbereitungszeit gespielt?


Die Stadt Münster ist natürlich ein großer Förderer der
„Skulptur Projekte“ und auch maßgeblich am Projekt beteiligt. Ich muss ehrlich sagen, dass die Ämter und ähnliche Stellen der Stadt sehr kooperativ waren. Wir haben viele Sondergeneh-migungen für Standorte erhalten. Die Stadt wusste wirklich, was die „Skulptur Projekte“ für Münster bedeuten und hat uns dementsprechend unterstützt.

Gab es Differenzen zwischen den Zielen der Künstler und der tatsächlichen Umsetzung der Projekte?


Wenn es Differenzen gab, dann bei Projekten, die von den Kuratoren abgelehnt wurden. Jeder Künstler hat zwei Projekte eingereicht, von denen eines realisiert wurde. Viele Projekte haben in Abstimmung mit den Kuratoren auch Änderungen und Modifikationen erfahren. Natürlich gab es auch Differenzen mit verschiedenen Zulieferfirmen, die gewisse Materialien nicht so liefern konnten, wie sich die Künstler es gewünscht hätten. Aber diese Probleme haben wir als Team gelöst und im Endeffekt hat sich alles zum Positiven entwickelt.


Können sie an einem Beispiel beschreiben, wie Künstler mit ihren Projekten das Stadtbild von Münster beeinflussen wollen?


Tue Greenfort hat am Aasee einen silbernen Güllewagen installiert, der Wasser, angereichert mit Eisen-III-Chlorid, in den See schießt. Greenfort ist schon früh nach Münster gekommen und hat das Problem erkannt, dass Landwirtschaft und Schweinezucht den See so sehr verschmutzen, dass er biologisch umzukippen droht. Mit seiner Installation will der Künstler diese Problem präsent machen und darauf hinweisen, dass die Versuche, den Aasee mittels Zufuhr von Eisen-III-Chlorid zu retten, keine konkrete Ursachenbekämpfung sind, sondern nur eine kosmetische Maßnahme.


Wie sind die Standorte für die Projekte ausgewählt worden?


Die Wahl der Standorte ist den Künstlern offen gelassen worden. Sie wurden eingeladen, die Stadt unter die Lupe zu nehmen und auszuloten, was Kunst im öffentlichen Raum oder Skulptur Projekte in Münster sein können.


Hat es in der Vorbereitungszeit irgendwelche Vorfälle, Besonder-heiten oder Pannen gegeben?


Besonderheiten, Vorfälle und Pannen gab es natürlich en masse. Teilweise sind diese gar nicht vorhersehbar oder haben sich auf Grund von Materialeigenschaften ergeben. Wir haben in Münster aber ein super Team, das in der Lage war, diverse Probleme zu lösen. Die kuratorischen Assistenten, die in erster Linie für die Projektrealisierung zuständig waren, haben sich in nicht zu erwartende Gebiete eingearbeitet, um alle Schwierigkeiten in den Griff zu bekommen.


Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit im Team der
„Skulptur Projekte“?

Wir haben hier in Münster ein Großraumbüro in dem etwa 15 Personen arbeiten. Es gibt eine Projektleitung, Dr. Christine Litz und drei kuratorische Assistentinnen, denen wir studentischen Volontäre hauptsächlich zuarbeiten. Außerdem haben uns die beiden Bauleiter Michael Sterp und Arne Mittig unterstützt. Die Zusammenarbeit im Büro und auch mit der Presseabteilung war wunderbar. Teilweise war es natürlich stressig, in einem so großen und lauten Büro zu sitzen, in dem vier oder fünf Besprechungen parallel laufen und ständig das Telefon klingelt. Dennoch ist die Teamarbeit vorbildlich gewesen.


Und wie sieht es mit der Zusammenarbeit mit den Künstlern aus?


Es gibt Künstler, die ganz selten vor Ort sind. Es gibt aber auch solche, die wie Jeremy Deller oder Silke Wagner ständig in Münster waren und ihr Projekt und dessen Umsetzung begleitet haben. Diese präsenten Künstler haben Münster sprichwörtlich aufgesaugt und in ihren Projekten verarbeitet
.

Können sie einen Vergleich zu vergangenen
„Skulptur Projekte“ in Münster ziehen?

Die
„Skulptur Projekte“ sind natürlich ganz anders als 1977, 1987 oder 1997. Neu hinzugekommen sind viele Filmarbeiten, die zum Beispiel von Clemens von Wedemeyer, Eva Meyer und Eran Schaerf oder Valérie Jouve realisiert wurden. Was außerdem auffällt ist, dass neuerlich viele Projekte um den Aasee herum stattfinden. Viele Arbeiten sind erst jetzt in Münster möglich und wären es vor zehn Jahren noch nicht gewesen. Michael Asher, der als einziger Künstler zum vierten Mal dabei ist, realisiert immer wieder das gleiche Projekt und stellt an wechselnden Orten einen Caravan auf. Manch alte Standorte des Caravans sind heute nicht mehr zugänglich oder existieren nicht mehr. Für den Wagen ergibt sich so jedes Mal ein neuer Kontext. Man kann an der Entwicklung der Standorte sehr gut die Stadtentwicklung von Münster nachzeichnen.

Ein anderer Künstler, Bruce Nauman, wollte sein Projekt schon 1977 realisieren und erst jetzt, 30 Jahre später, ist es ihm gelungen. Wie unser Kurator Kasper König treffen formulierte, sind die
„Skulptur Projekte“ eben nicht nur Kunst im öffentlichen Raum, sondern eine besondere Art Langzeitstudie. 



Corinna Sörensen, Jahrgang 1982, studiert Kommunikations-wissenschaft im Bachelor-Studiengang. Während ihrer Ausbildung zur Reiseverkehrskaufrau bei der Damp Touristik GmbH war sie zeitweise in der Pressearbeit der Unternehmenskommunikation der Damp Holding AG (Unternehmensgruppe Damp) beschäftigt. Außerdem hat sie vor ihrem Studium ein halbjähriges Praktikum in der sh nachrichtenagentur*, der Presseabteilung und Nachrichtenagentur der Tourismus Agentur Schleswig-Holstein absolviert. Vor der Ausstellung hat Corinna Sörensen sich nur im Kunst-Leistungskurs der Oberstufe mit Kunst beschäftigt. Selten aber hat sie sich speziellen Kunstprojekten gewidmet oder sich mit Ihnen auseinandergesetzt. Die Ausstellung hat sie allerdings dazu bewogen, Kunst kritischer zu hinterfragen und sie nicht nur mit „schön“ oder „nicht schön“ abzutun.



„Diffuse Einträge" von Tue Grennfort: Kunst gegen Schweinezucht und Umweltverschmutzung
 
 
 

Diese Website ist das Produkt zweier Online-Journalismus-Seminare am Institut für Kommunikationswissenschaft der Universität Münster. Mehr erfahren Sie hier:  |  Das Team  |  Impressum  |  Diese Seite als Favorit speichern bei:  Del.icio.us